Freitag, 22. Dezember 2017

Saskia De Coster - Wir & Ich

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Es gibt Familien, bei denen scheint einfach alles perfekt zu sein. Wunderhübsche Kinder, erfolgreiche Eltern, die dennoch Zeit für ihre Kinder haben und auch nach vielen Jahren Ehe noch wie ein verliebtes Paar wirken. Sie begegnen einem vor allem bei Facebook, aber auch in meinem Viertel gibt es ein paar davon. Ich weiss heute, dass es keine perfekten Familien gibt und je mehr Energie  in die Aufrechterhaltung des Scheins gesteckt wird, umso verheerender sieht es oft in der Realität aus. Ich mag Bücher, die genau das thematisieren.

Saskia de Coster hat einen Roman über eine scheinbar perfekte Familie geschrieben. Hinter der Kulisse tun sich jedoch Abgründe auf.

Mieke, Stefaan und deren Tochter gemeinsame Tochter Sarah sind die Hauptfiguren der Geschichte. Mieke kämmt Teppichfransen, wenn sie nervös ist, eigentlich ist sie das immer. Der Haushalt ist vorbildlich geführt und Mieke versucht ihren Hang zur Hysterie durch eine geordnete Umgebung unter Kontrolle zu halten. Sie hält die kleine Familie zusammen, obschon ihr Mann und Tochter über die Jahre immer fremder werden.
„Darum erstickt Mieke schon im Voraus jede Form von Kritik, die ihre Familie betrifft, im Keim…Auch wenn sie das Familienleben manchmal so erstickend findet, dass sie kaum noch Luft bekommt. Sie fühlt sich dann wie ein Fisch, der elend neben seinem Aquarium liegt und mit den Kiemen klappt - jeder hält es für Klatschen, aber eigentlich ist er kurz vor dem Ersticken.“
Stefaan kommt aus einfachen Verhältnissen und hat ein kompliziertes Verhältnis zu seiner Mutter MoeMoe. Er hat beruflichen Erfolg aber ist unfähig in  Kontakt zu seiner Frau oder seiner Tochter zu treten. Er will alles richtig machen und doch verliert er immer wieder die Kontrolle und schlägt beispielsweise einem  Kollegen einen Zahn aus.

Und Sarah will raus aus diesen Zwängen, sie will Musik machen und sich aus dem Korsett der Familie befreien. Und doch sind es ihre Eltern und sie ist Teil dieser neurotischen Familie.

Ironisch, zynisch und bisweilen auch tragisch beschreibt die Autorin die Welt der Familie Vandersandens.

 

Inhalt:

"Die Mutter Neurotikerin aus altem Geldadel, der Vater ein Kontrollfreak, der Onkel Häftling auf Freigang, die Oma eine alte Ziegenhirtin – die Vandersandens sind so überspannt wie vermögend. Nur Einzelkind Sarah will raus aus dem goldenen Käfig. Ein herrlich ironischer Gesellschaftsroman über eine verkorkste Familie.

In der Villengegend »Der Berg« spielt sich hinter hohen Hecken das geordnete und mehrfach alarmgesicherte Leben der Familie Vandersanden ab. Mutter Mieke kämmt zur Entspannung Teppichfransen. Vater Stefaan hat für jede Lebenssituation den passenden Dylan-Song parat. Und Tochter Sarah muss Besuch von Schulfreunden zwei Wochen im Voraus anmelden. Bis eines Tages Miekes Bruder aus dem Gefängnis entlassen wird, sich bei Vandersandens einquartiert und Sarah die Welt jenseits des Kokons der Langeweile zeigt. Saskia de Coster erzählt von der Einsicht, dass materielle Sicherheit nicht vor dem Risiko des Lebens schützt. Und von dem Vergnügen, Ungewissheiten ins Gesicht zu lachen."

Quelle: https://www.klett-cotta.de/buch/Gegenwartsliteratur/Wir_&_ich/70052

 

Über das Buch:

 

Aus dem Niederländischen von Isabel Hessel (Orig.: Wij en ik)
1. Aufl. 2016

409 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-50156-8 

Verlag: Klett Cotta
22, 95€